Ob und wie sehr ein Seitensprung zu einer Belastung für die Beziehung wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein One-Night-Stand ist für viele weitaus weniger schlimm als eine länger dauernde und/oder heimliche Affäre. Auch wiederholtes Fremdgehen mit wechselnden Partnern kann für den betrogenen Teil der Partnerschaft äußerst verletzend sein. Kommt Liebe mit ins Spiel, kann dies zu einer ernsthaften Bedrohung für die Ehe oder Partnerschaft werden.

Als Ursache werden oft sexuelle Unzufriedenheit oder Mangel an Aufmerksamkeit durch den Partner genannt. Auch kommt es vor, dass sich einer der beiden Partner in eine Person außerhalb der Beziehung verliebt, ohne sich der Gründe bewusst zu sein. „Ich weiß auch nicht warum, es ist einfach passiert“, heißt es dann.

In der öffentlichen Meinung und im Erleben vieler Menschen tragen die Fremdgehenden häufig die Schuld an der Beziehungskrise. Wir neigen dazu, die Affäre moralisch zu verurteilen, während wir uns mit den „Betrogenen“ solidarisieren. Auch sprachlich ist es kaum möglich, sich wertfrei über das Thema zu äußern. Begriffe wie „betrügen“, „unehrlich“ oder „Schuld“ laden das Thema moralisch auf. Selbst der harmlos klingende „Seitensprung“ geht ursprünglich auf das seitliche Ausbrechen eines Pferdes zurück, also das Abweichen von der vorgegebenen Laufrichtung.

Als Paartherapeut nehme ich eine neutrale Position ein. Ich bewerte weder das Fremdgehen noch die Verletzungsgefühle des „Betrogenen“. Aus meiner Sicht ist ein Seitensprung ein Indiz dafür, dass etwas in der Partnerschaft nicht stimmt, dass etwas zu kurz kommt oder dass sich in die Beziehung ein Problem eingeschlichen hat, das das Paar nicht in der Lage ist zu lösen.
In einer Paartherapie geht es darum, die Hintergründe für das Fremdgehen aufzudecken und das oftmals zerstörte Vertrauen wiederherzustellen.

Paare, die sich mit einer Fremdgeh-Problematik an einen Paartherapeuten wenden, sind meistens gewillt, an den Ursachen für den Seitensprung zu arbeiten, sodass die Prognose in vielen Fällen günstig ist.